Seit knapp einem Jahr von Lothar Engelhardt und Herbert Kratzel geplant wurde diesen Sommer in der ersten Pfingstwoche das Fluglager in Füssen für unsere Mitglieder endlich Wirklichkeit. Nach gemeinsamen Abrüsten und Verladen der allermeisten unserer Segelflugzeuge in die Anhänger am Freitagabend, reisten wir gemeinsam - teilweise sogar im Konvoi - am Samstag, 4. Juni, in der Frühe ab und machten uns über die A3 und A7 auf den Weg Richtung Füssen. Füssen ist vielen vor allem durch die im Radio regelmäßig gemeldeten kilometerlangen Staus am Grenztunnel Füssen-Reutte während der Schulferien in Erinnerung. Für den ein oder anderen ist die Stadt aber möglicherweise auch ein Begriff wegen der wunderschönen Lage zwischen Forggensee, Schloss Neuschwanstein und Tiroler Alpen samt Zugspitze.
Auch wenn das Wetter für die Fluglager-Woche nicht besonders gut vorhergesagt war, herrschte dennoch gute Stimmung und jeder Teilnehmer freute sich auf die gemeinsamen Tage am Flugplatz Füssen. Nach mehr als 5h Fahrzeit wegen kurzer Pause und der maximal auf 100km/h zugelassenen Anhänger in Füssen angekommen, bauten die meisten ihre Zelte auf dem Flugplatz direkt neben den geparkten Anhängern auf, während der ein oder andere aber auch im Hotel übernachtete.
Nachdem jeder sich eingerichtet hatte trafen wir uns für ein gemeinsames Briefing, von denen jeden Tag noch mindestens zwei folgen sollten, um stets organisiert zu bleiben. Hierbei lernten wir erstmals auch den ersten Vorsitzenden des Gastgebers Flugsportverein Marktoberdorf e.V., Harald Kurpjuwait, kennen der uns sehr herzlich begrüßte und kurz über den Flugplatz und die Räumlichkeiten informierte. Danach mussten wir noch für das bevorstehende Pfingstwochenende Lebensmittel einkaufen gehen, denn an den meisten Tagen kochten wir in der voll ausgestatteten Küche im Clubheim der Marktoberdörfer das Abendessen selbst. Ein obernauer Vereinskollege versorgte uns nach seinem morgendlichen Triathlon (Joggen am See, Schwimmen zu einer Boje im See und mit dem Fahrrad zurück) zudem mit frischen Brötchen fürs Frühstück von einem Bäcker aus Füssen, so dass wir nie mit leeren Mägen den Tag beginnen mussten.
Das Hauptziel für unsere Mitglieder war natürlich, möglichst häufig in die Luft zu kommen. Dennoch hatte jeder auch persönliche Zwischenziele. Während die Flugschüler den neuen Flugplatz mit neuer Platzrunde und neuen Abläufen kennenlernen wollten, um unter anderem auch die auf dem Weg zum Flugschein obligatorische Landung auf einem fremden Flugplatz abhaken zu können, wollten die Streckenflieger die ganz neue Welt des Alpensegelflugs entdecken. Damit jeder auf seine Kosten kommen konnte, besprachen wir jeden Morgen nach dem Frühstück während des Briefings die Erwartungen an den Tag. Am Abend gab es dann auch immer ein De-Briefing, um zu reflektieren, was gut funktioniert hat oder wo es noch Verbesserungspotenzial gibt. Insgesamt sind wir so an 6 Tagen in der Woche von Samstag bis Sonntag geflogen, aber machten am Anreisetag nur wenige Starts mit dem Motorsegler. So wurden in der Woche insgesamt 95 Flüge mit 56h Flugzeit unternommen.
Der Sonntag und Montag waren wettertechnisch gleich zu Beginn gute Flugtage, sodass jeder seine Einweisungsflüge mit Fluglehrer machen konnte um die Platzrunde mit ihren markanten Punkten kennenlernen zu können. Wer konnte, flog auch gleich für einige Zeit in der Thermik und erkundete so die wunderschöne Umgebung. Denn ein entscheidender Unterschied zu unserem Flugplatz Altenbachtal ist: Der Luftraum in Füssen ist bis FL 130 (also ca. 13.000 Fuß; entspricht fast 4000m) frei für jeglichen Flugverkehr, während die Grenze in Obernau wegen des Frankfurter Flughafens bis zu 1050m abgesenkt ist. Dadurch kann man beinahe grenzenlos steigen, wenn es das Wetter hergibt. Dadurch wird der ohnehin atemberaubende Blick in die Alpen mit zunehmender Höhe immer besser, weil man immer weiter in die hohen Gebirgszüge wie das Engadin schauen kann.
Der Sonntag war außerdem geprägt von einer Hagelwarnung vom Morgen, weshalb einige Mitglieder ihre Zelte abbauten und sich über Werkstatt und Matratzenlager verteilten, um dort die Nacht zu verbringen. Fast wie vorhergesagt kam dann auch schon um 15 Uhr das Unwetter, weshalb wir den Flugtag vorzeitig beendeten und alle Flieger in Sicherheit brachten. Schlussendlich kam dann doch nicht der Hagel bei uns runter sondern knapp 30km weiter in Garmisch, wo es zu großen Verwüstungen kam.
Das Highlight des Montagabend war das gemeinsame Abendessen in der Käsealp in Hopferau. Hier hatten wir einen Tisch reserviert und wurden mit regionalen und ungarischen Gerichten verwöhnt. Außerdem waren einige unserer Mitglieder so sehr vom Maria Hilfer Bier der örtlichen Brauerei „Kössel Bräu“ überzeugt, dass sie am Ende des Fluglagers sogar einige Kästen mit nach Hause genommen haben.
Der Dienstag war dann wiederum wie vorhergesagt ein kompletter Regentag und der Flugplatz versank förmlich durch den Dauerregen, wodurch sich große Pfützen über die ganze Landebahn erstreckten. Für die, welche ihre Zelte wieder aufgebaut hatten war schon am Morgen durch den gleichmäßig aufs Zelt rasselnden Regen klar, dass an diesem Tag kein Flugbetrieb stattfinden kann und man sich guten Gewissens nochmal umdrehen und weiterschlafen konnte.
Trotzdem ließen wir auch solche Tage nicht einfach verstreichen, sondern überlegten uns etwas, womit wir offenbar nicht die einzigen waren: Denn angekommen bei der Alpentherme Ehrenberg hieß es, dass das Bad wegen Überfüllung geschlossen sei. Also drehten wir wieder um und fuhren stattdessen zum Alpenbad Pfronten. Am Abend gab der Vorsitzende des Gastgeber Vereins, Harald Kurpjuwait, dann noch einen sehr eindrucksvollen (Sicherheits-)Vortrag über die Fliegerei in den Alpen. So sollte man wegen der gefährlichen Lee-Wirbel niemals im rechten Winkel tief über einen Grad fliegen und auch sonst immer mit genug Überfahrt manövrierfähig bleiben, da es durchaus zu Luftverwirbelungen mit heftigen Turbulenzen kommen kann. Generell erfordert das Fliegen in den Alpen noch mehr Aufmerksamkeit als ohnehin schon im „Flachland“, wie dem Altenbachtal. Im Anschluss schauten wir zusammen in Vorbereitung auf den nächsten Tag den alten „Top Gun“ Film von 1986 auf der Leinwand im Hangar.
Der Flugbetrieb am Mittwoch begann etwas später, weil wir noch warten mussten, bis der Flugplatz vom vielen Regen des Vortages abgetrocknet war. Ansonsten verlief er reibungslos und so konnten viele Starts und einige Streckenflüge gemacht werden. Manch einer nutzte den Tag auch, um mit dem Motorsegler zur Zugspitze zu fliegen. Dafür orientierte man sich zunächst Richtung Starnberger See, um langsam an Höhe gewinnen zu können, denn mit der Höhe nimmt auch die Leistung des Motors ab, sodass man für diesen Flug ordentlich Anlauf nehmen muss. Dann ging es in das Tal Richtung Garmisch-Partenkirchen zur Zugspitze. Dort konnte man einige Runden über den Gipfel drehen um schließlich über Ehrenberg und Reutte zurück nach Füssen zu gelangen. Das dauerte insgesamt ca. 1:20h.
Das Highlight des Abends war dann noch der gemeinsame Kinobesuch zusammen mit den Mitgliedern des Flugsportverein Marktoberdorf im neuen „Top Gun: Maverick“ (2022).
Am Donnerstag gab es erneut einen Regentag. Während die einen einfach nicht genug von Wasser haben konnten und diesmal rechtzeitig nach Reutte zur Alpentherme aufbrachen, fuhren die anderen zu einer Indoor Kartbahn. Nach dem Abendessen spielten wir in der großen Runde noch Uno, bis sich verglichen zu den anderen Tagen einige recht früh für die Nacht verabschiedeten. Offenbar sind Regentage mit Therme, Sauna oder Kartfahren anstrengender als Flugtage.
Freitags dann war endlich wieder gutes Wetter vorhergesagt. Somit war klar, dass Flugbetrieb stattfinden würde. Trotzdem trennten wir uns: Eine kleine Gruppe „hörte den Gipfel rufen“ und wanderte am Nachmittag auf den Aggenstein (1986m) hoch, und vom Gipfelkreuz weiter zur Bad Kissinger Hütte. Wünsche nach einem Vorbeiflug unseres Motorseglers via Whatsapp, liefen aber ins Leere. Denn einer der Streckenflieger war mit der LS 8 an einem benachbarten Flugplatz (Agathazell) außengelandet und benötigte den Flugzeugschlepp zurück nach Füssen.
Dann kam auch schon der letzte Flugtag (Samstag). Der wurde nochmal ordentlich genutzt. Diesmal war das Wetter auch thermisch hervorragend, um länger in der Luft zu bleiben. So war sogar ein Vorbeiflug am Gipfel des Aggenstein möglich, auf den noch am Tag davor drei Teilnehmer des Fluglager hochgewandert waren. Wahnsinn! Den Abend ließen wir dann bei Sonnenuntergang ausklingen und stießen auf das gelungene Fluglager an.
Am nächsten Morgen packten wir schließlich die Zelte zusammen und fuhren nach und nach mit den Anhängern wieder Richtung Heimat. Dort rüsteten wir dann die Flieger auch direkt wieder auf, damit sie startklar für die nächsten Abenteuer am Himmel sind.
Alle Teilnehmer des Fluglagers bedanken sich herzlich für die Gastfreundschaft des Flugsportverein Marktoberdorf und die tolle Organisation vor Ort!
Comments