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Wellenflugerlebnis Mitte November


Wellensegelflug

Schon am Dienstag hatte mich mein Fliegerkollege Christian darauf aufmerksam gemacht, dass am kommenden Wochenende vom 17. bis zum 18. November eine brauchbare Ostwellenlage herrschen könnte. Da es für uns beide der erste Wellenflug sein würde, haben wir uns entschlossen, dieses Abenteuer erstmal gemeinsam im Doppelsitzer zu erleben. Also schnell den Vorstand vorgewarnt, eventuell am Wochenende unsere DG1000 nutzen zu wollen und bis Freitag abgewartet, ob das Wetter hält. Am Freitagmittag dann die Entscheidung: Wir werden am Samstag fliegen!

Jetzt bleibt nur noch die Frage des Startpunktes offen. Als erstes liebäugeln wir damit, von Aschaffenburg aus zu starten, über Bad König in ausreichender Höhe aus zu klinken, dann über Michelstadt in der Welle Höhe zu machen, um dann über die Trommwelle an die Bergstraße springen zu können. Nach der Analyse einiger Wellenflüge sind wir uns aber unsicher, da dort der Ostwind stets eine Nordkomponente hat und am Samstag eine ausgeprägte Südkomponente herrschen soll. Außerdem haben wir Sorge, dass uns abends der „Frankfurter Deckel“ auf dem Heimflug nach Aschaffenburg einen Strich durch die Rechnung machen könnte. So fällt die Entscheidung auf Bensheim. Dort ist am Samstag ab 09:30 Schleppbetrieb und wir dürfen uns netterweise als Gäste eingliedern.

Der Samstagmorgen beginnt um 7 Uhr damit, die DG1000 aus dem hintersten Eck der Halle zu zerren. Zu zweit ein ganz schöner Kraftakt. Nachdem alles verpackt ist, geht es dann um kurz vor acht nach Bensheim. Dort angekommen, der erste Schock! Es herrscht quasi Windstille. Da die Bensheimer aber schon munter aufrüsten, machen wir einfach mit und schieben den Flieger um zehn Uhr als Startnummer vier in die Aufstellung. Dick eingepackt in Thermounterwäsche, Skihandschuhen etc. beginnt nun das Warten, bis wir an der Reihe sind. Wir lassen uns noch von den „Locals“ erklären, dass die Windstille wohl mit der bodennahen Inversion zusammenhängt und dann geht es endlich los.

Um halb zwölf heben wir voller Vorfreude ab. Der Ritt beginnt! Im F-Schlepp folgt dann allerdings schon der nächste Schock. Das Fahrwerk lässt sich nicht einfahren. Auch nach dem Ausklinken sind sämtliche Versuche vergebens und wir beginnen im Cockpit zu diskutieren, ob wir nochmal landen sollen. Als wir dann aber über Heppenheim in 1000 Metern ganz ordentliches Steigen finden, entscheiden wir uns, den Flug fortzusetzen und das Fahrwerk zu vergessen.


DG 1000 S im Wellensegelflug

Leider ist der Tag komplett blau, wodurch es nochmals schwieriger ist, die Wellen zu finden. Trotzdem fliegen wir über Heppenheim in 2100m Richtung Heidelberg ab. Leider treffen wir wohl keine gute Linie und machen dann über dem Heidelberger Hauptbahnhof in 1300m direkt mal unsere erste Rotorerfahrung: Wir werden für ungefähr eine Minute ordentlich durchgeschüttelt; ich stelle Fahrtsprünge von ca 40 km/h fest und auch das Vario ist sowohl in positiver, als auch in negativer Richtung ständig am Anschlag. Doch dann wird es plötzlich ganz ruhig, es kommt wieder Entspannung ins Cockpit und wir finden uns im laminaren Steigen mit bis zu 2,5 Metern wieder. Was für ein Erlebnis!

In 2400m schläft die Welle leider ziemlich ein und es geht nur noch langsam, mit unter einem Meter Richtung FLl00. In 2900m wird es uns dann wirklich zu wenig und wir fliegen in den Süden ab. Dort wenden wir ein paar Kilometer hinter Malsch, um dann wieder Richtung Frankfurter Luftraum, nach Bensheim, zu fliegen. Jetzt werden wir auch wesentlich schneller, machen nur noch wenige Achter am Königstuhl und in Heppenheim, und trafen auch die tragenden Linien - quasi direkt über der A5 - ziemlich gut. Als wir dann das dritte Mal - diesmal viel höher - am Königstuhl angelangen, überlegen wir uns wie es weitergeht.

100km sind schon in der Tasche und wir spielen mit dem Gedanken auch den Sprung in den Schwarzwald zu wagen. Doch diesen Gedanken verwerfen wir auch sehr schnell wieder. Erstens haben wir einfach zu wenig Erfahrung. Zweitens haben schon die 18m Flieger im Funk gejammert, dass sie wegen der Südkomponente tief im Schwarzwald angekommen sind und in den Rotoren zu kämpfen haben. Drittens war da immer noch unser Fahrwerk, das sich einfach weigert in den Rumpf zu verschwinden, was der Performance der DG 1000 sicherlich nicht zu Gute kommt.

Also geht nun die Kilometerjagd an der Bergstraße los. Wir fliegen die übrigen Schenkel im Prinzip identisch wie anfangs beschrieben und versuchen dabei die Linien immer besser zu treffen. Als wir uns dann während der Dämmerung im Endanflug befinden, betrachte ich das wunderschöne Panorama des Odenwaldes, welches in goldenen Herbstfarben glüht. Doch dann werden wir in circa 1000m von einer turbulenten Schicht in die Realität zurückgeworfen: Innerhalb kürzester Zeit werden wir wieder durchgeschüttelt, und es ist die volle Konzentration gefordert. Gerade haben wir uns in den Gegenanflug eingeordnet, warnt uns noch die soeben gelandete ASG 32, dass es im Endstück doch sehr bockig sei. Dies mag wohl an der nahegelegenen Siedlung, östlich vom Platz liegen, welche nochmal ordentliche Turbulenzen auf die Piste schmeißt. Doch auch der letzte Teil des Fluges wird gemeistert und wir rollen 20 Minuten vor Sunset, nach knapp fünf Stunden Flug, 320 geflogenen Kilometern und ziemlich durchgefroren, vor dem Hänger aus.


Odenwald im Herbst

Beim Abbau bangen wir noch etwas um das Fahrwerk, dass nun den gesamten Flug über ausgefahren war. Doch das Problem lässt sich mit einem Gummihammer und einem gezielten Schlag ganz einfach lösen. Da war wohl einfach die Verknieung des Gestells gestaucht. Als die DG nun komplett verstaut ist, gehts nochmal ins Bensheimer Vereinsheim zum Aufwärmen. Christian und ich sind auf jeden Fall total glücklich über diesen genialen Flug heute. Einfach klasse, was das Rheintal zu dieser Jahreszeit alles zu bieten hat.


DG 1000 S

Im Nachhinein ist wohl zu anzumerken, dass wir die Schenkel in den Süden wesentlich weiter hätten ausfliegen können. Wären wir dort etwa bei Bruchsal erst wieder Richtung Norden gewendet und etwas tiefer am Königstuhl eingestiegen, wären wohl auch 450 km, allein in der Odenwaldwelle, machbar gewesen. Aber es gibt immer ein nächstes Mal und der Traum von der Schwarzwaldwelle wird bestimmt irgendwann nochmal war. :) Vielen Dank auch an die Bensheimer für die Gastfreundschaft!


Autor: Joshua Rieger

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