Das letzte Jahr 2020 wurde überschattet von vielen negativen Meldungen. Begonnen mit den Waldbränden in Australien, die Ausbreitung des Coronavirus auf jeden Kontinent und Lockdowns. Dann ein Sommer, der etwas Lockerung zuließ und aus heutiger Sicht Normalität suggerierte. Zu dieser Normalität zählten beispielweise Restaurants, die wieder besucht werden konnten – auch wenn nur mit Maske und zwischen Plexiglasscheiben sitzend – oder Freibäder die öffnen durften für Gäste mit Reservierung.
Was aber für den ein oder anderen etwas untergegangen sein mag ist, wie sensationell gut das Wetter für Segelflieger war. Zumindest zeigt sich das in der Statistik der Plattform onlinecontest.org. Ob das möglicherweise auch daran liegen könnte, dass die Flieger in Deutschland mehr Zeit durch ungewollte Umstände wie Kurzarbeit, etc. hatten, sei offen gelassen. Nämlich wurden beinahe genauso viele Flüge im Jahr 2020 hochgeladen wie im vorausgegangenen. Und das, obwohl die Flugsaison durch einen Lockdown und der damit einhergehenden Einschränkung der meisten Sportarten deutlich verkürzt wurde.
Wer die über teilweise mehrere Wochen unverändert guten Großwetterlagen völlig ausschöpften, waren nicht nur unsere Flugschüler – von denen 4 die praktische Prüfung bestanden und es 2 Schüler in 2020 bis zum ersten Alleinflug brachten – sondern auch unsere Piloten Christoph Zahn, 1. Vorsitzender, und Thomas Krausert, Kassier. Sie flogen nicht nur weite Strecken ohne Motor, nur von der Kraft der Natur getragen, sondern steigerten sich nach und nach und schrieben im Juli dann sogar das aus ihrer Sicht mögliche Ziel von einem 1000km FAI Dreieck mit Start im Altenbachtal aus. Das würden sie dann mit jeweils 50 Liter (also insgesamt 100 Liter) Bier für den ersten Piloten honorieren, der das mit einem Standard-Klasse Segelflieger schafft. Schon im darauffolgenden Wochenende war das Wetter rekordverdächtig gut.
An diesem Tag flog Thomas Krausert 1005,7 km über 6 Schenkel, bzw. 969km FAI Dreieckstrecke bzw. 975 freie Dreieckstrecke. Dabei ging es über die Rhön, den Thüringer Wald und den Pfälzer Wald. Später im Flug – im südlichen Schenkel von der deutschen Grenze zu Tschechien im Osten von Deutschland Richtung Westen – brachten ihn die Wolkenstraßen über die fränkische Alb und die schwäbische Alb bis hin zum Schluchsee im Südschwarzwald in der Nähe vom Feldberg im gleichen Mittelgebirge. Am späten Nachmittag schaffte er es dann noch über den ganzen Schwarzwald, das thermisch eher schlechte Kraichgau und den Odenwald zurück an den Rande des Spessarts zum Altenbachtal. Mit Start um 10:17 Uhr, der Landung um 20:22 Uhr und damit einer Flugzeit von über 10h war das ein vollends gelungener Flug. Ihr könnt euch den Flug unter folgendem Link selbst anschauen: OLC Fluginformation - Thomas Krausert (DE) - 12.07.2020 (onlinecontest.org)
Nach der Landung brauchte die Berechnung und Bepunktung des Fluges auf der Online Plattform ca. bis Mitternacht, da die Website von über 3000 hochgeladenen Logger-Dateien des 12.07.2020 überlastet war. Danach war klar, dass Thomas vor allem in der Rangliste der Deutschen Meisterschaften im Streckensegelflug (DMSt) ordentlich Punkte absahnen konnte. Nämlich stolze 1522,9 und damit die höchste Punktzahl für einen DMSt gewerteten Flug in der Saison 2020. Das katapultierte ihn weit nach vorne in der Einzelwertung der Deutschen Meisterschaften für die Standard-Klasse, sowie in der Gesamtwertung der DMSt über alle Klassen.
Das Regelwerk der Meisterschaften zielt nämlich auf möglichst großflächige Flüge ab, indem es Punkte nur auf eine Strecke über drei Wendepunkte (oder vier für andere Kriterien) vergibt. Dabei müssen die drei Schenkel des sog. FAI Dreiecks eine bestimmte Mindestlänge (Mindestanteil an der Gesamtstrecke) haben. Wurden die drei Wendepunkte vor dem Flug sogar angemeldet, sich der Pilot diese Strecke also auch vorgenommene hatte, dann werden noch mehr Punkte vergeben. Bei Thomas kam genau das zusammen: Ein effizient geflogenes und zuvor angemeldetes FAI Dreieck. Die Anmeldung erfolgt heutzutage übrigens über die Eingabe in einen GPS Logger. (Fun fact: Früher mussten die Wendepunkte noch abfotografiert und später per Post als Beweisfoto eingeschickt werden)
Durch konsequent toll geflogene, sowie großflächige und weite Flüge schaffte es Thomas Krausert zum Ende der Saison 2020 in der Gesamtwertung der Deutschen Meisterschaften im Streckensegelflug auf den 2. Platz und in der Standard-Klasse sogar auf den 1. Platz. Damit wurde Thomas Krausert dieses Jahr Deutscher Meister in der Standard-Klasse. Des Weiteren stellte er mit 969km einen neuen deutschen Klassenrekord im Dreiecksflug der Standardklasse und mit 975km einen neuen deutschen Klassenrekord im freien Dreiecksflug der Standardklasse ein. Für diese großartigen Leistungen verlieh die Stadt Aschaffenburg dann sogar eine Ehrenurkunde „in Anerkennung hervorragender sportlicher Leistungen“.
Doch damit war es noch nicht genug. Auch Christoph Zahn fuhr diese Saison große Erfolge ein. Neben den schon überreichten und darüber berichteten Diplomen vom Fédération Aéronautique (FAI) für geflogene Dreiecke über 750km – die man auch nicht alle Tage fliegt ;-) – konnte er auch in der DMSt Wertung der Saison 2020 absahnen. (hier geht es übrigens zum genannten Beitrag).
Nämlich fuhr Christoph Zahn für den FSC Möve Obernau mit seiner Platzierung in der Standard-Klasse die Doppelspitze für unseren Verein ein. Er flog nämlich durch herausragende Flüge auf den 2. Platz in der Standard-Klasse. Mit insgesamt 3299 Punkten und zwei Flügen mit einer Punktzahl von weit über 1000 Punkten konnte er sich auch sehr weit in der Wertung nach vorne katapultieren. Für die Deutschen Meisterschaften im Streckensegelflug werden die 3 bestbewerteten Flüge einer Saison herangezogen.
Im Jahr 2020 hat Christoph Zahn übrigens 7 Flüge mit einer Gesamtflugzeit von über 66h hochgeladen. Es lohnt sich sicherlich jeden einzelnen genau zu analysieren und ihn mit Fragen zu löchern. Aus der Statistik sind seine Fun-Flüge im Flugzeug-Schlepp im Habicht an die Nordsee oder über den Frankfurter Flughafen natürlich ausgeschlossen.
Was auffällt in den hochgeladenen Flügen auf der Online Platform onlinecontest.org, ist wie wichtig es für eine gute Platzierung ist die besten Tage des Jahres wahrzunehmen und für große Flüge zu nutzen. Nämlich sind am 12.07.2020 immerhin 18 der 20 bestplatzierten in der Gesamtwertung am besagten Tag so gut geflogen, dass dieser Flug unter die Top 3 und nicht selten sogar als der beste Flug der einzelnen Piloten im Jahr 2020 gewertet wurde.
Nach dieser grandiosen Saison freuen wir uns natürlich alle auf den kommenden Sommer 2021. Schauen wir mal wer am Ende des Jahres die nächsten Erfolge einfährt. Die Winterarbeiten an den Flugzeugen konnten glücklicherweise größtenteils im Lockdown light mit Maske, Abstand und geringer Personenzahl und Dank toller Koordination und Teamarbeit schon erledigt werden. Somit sind wir bereit sobald die ersten Thermikblasen sprudeln und die Pandemie es zulässt wieder auf Strecke zu gehen.
Übrigens: Die Wette für die 100 Liter Bier gilt immer noch, denn für den Erhalt muss der Startplatz Altenbachtal gewählt werden und auch das FAI Dreieck größer 1000km sein.
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